Sarah Elena Müller & Ernestyna Orlowska – HKB Bern
Emergency Feedback Service
Setting:
Performance orientiertes Feedback: Sarah Elena Müller
Publikums orientiertes Feedback: Ernestyna Orlowska
Zum Frühstück Feedback. Das macht dich älter, reifer, erfahrener. Oder ein Glas leeres Wasser auf den vollen Magen
Das Publikum hält sich an den Bierflaschen fest
Oder ein Glas leeres Wasser auf den vollen Magen, ein leeres Glas für jeden, gefüllt mit haarsträubendem Wasser.
Dem Publikum wird vom Wind das Haar bewegt
gefüllt mit haarsträubendem Wasser. Brav hergeben, brav spenden,
Ein freundlicher Blick zwischen dem erhaltenden Glas und dem Mädchen
brav spenden, nur hinhalten, nicht trinken, nein, nee, behalten sie das ruhig, dann können sie es dem Nächsten noch einmal verkaufen. Das Mädchen aus dem Horrorbrunnen verfolgt unaufhaltsam die Leute
Manche verstecken ihre Gläser
unaufhaltsam die Leute mit den leeren Gläsern,
Oder beschwören den Sitznachbar es zu nehmen
die Leute mit den leeren Gläsern, eine blinde Großzügigkeit treibt sie an,
Jemand geht in der Küche eins holen
treibt sie an, sie ist kein Schreckgespenst aus einem Film, nein lassen sie mal, das geht aufs Haus.
Erste Glasfüllung, nervöses Lachen, siebte Glasfüllung, routiniertes Mitmachen
das geht aufs Haus. Und im Haus drin ist aus das Zuhause, wo man allen vergnüglichen Tätigkeiten nachgehen kann.
Gezückte Handys, dahinter Kaugummi verarbeitende Münder
wo man allen vergnüglichen Tätigkeiten nachgehen kann. Ausdrucken, Schmieren, und Schminken, Ausschmieren, Abschminken, Abdrucken,
Bloß, wohin der Blick
Wegschmieren, Abschminken, Abdrucken
Das Publikum weiß nicht wohin schauen
Abschminken, Abdrucken, Anmalen, Reparieren, Anschmieren, Ausschmücken und Fehler machen,
Das Publikum starrt ins Leere, und schaut die Performance vor dem geistigen Auge weiter
und Fehler machen
Dafür sehen sie alle 3 Mädchen auf einmal
alles vor den stummen Beobachtern Fisch und Fisch, deren Haus aus Glas und deren Zweck das gute Aussehen ist.
Die Auserwählten entdecken die Schnecke
Glas und deren Zweck das gute Aussehen ist. Auch Geschmier und Geschmatz kann gut aussehen,
Das Publikum fängt an sich gegenseitig zu beobachten
Auch Geschmier und Geschmatz kann gut aussehen, weil oft handelt es sich dabei um Kunst.
Auf sechs Gesichtern zeichnet sich das Sonnenlicht ab
weil oft handelt es sich dabei um Kunst.
Erleichtertes Lachen bei der Ankündigung, dass das eine Langzeitperformance ist
es handelt sich um Kunst.
Etwas irritiert durch die eigenen vier Wände schreiten gehört hier auf jeden Fall dazu, denn nach jedem gelösten Problem kommt der Tee danach.
Das Publikum ist froh zu wissen in welche Richtung es schauen muss
denn nach jedem gelösten Problem kommt der Tee danach.
Jeder Zuschauer findet sich einen guten Platz
Beckett schneckt geduldig immer am Selben und immer Gleichen vorbei,
Eine Frau findet einen noch besseren Platz
immer am Selben und immer Gleichen vorbei, ach Samuel, wärst du doch frei und in deiner ökologischen Nische, in deinem Zuhause.
Die Augenbrauen zeigen in alle Richtungenin deinem Zuhause. Stattdessen sitzt du an der Bar und schaust Sport auf dem Monitor links oben, ein seltsamer Sport ohne erkennbaren Sinn,
Nur eine Frau versteht die Performance
ohne erkennbaren Sinn, ein Krieg im kleinen Rahmen um ein Territorium ohne jeden Wert.
Zwei Leute gehen raus
ohne jeden Wert. Ein Plastikboden, auf dem nicht mal Unkraut sprießen würde.
Danach gehen noch all die anderen raus die doch kein Französisch verstehen
dem nicht mal Unkraut sprießen würde. Politisches Unkraut wünscht man sich herbei, um die Umstände
Krieg und Frieden
wünscht man sich herbei, um die Umstände
Krieg, Frieden und Sport
Unkraut wünscht man sich herbei, um de Umstände um zu stürzen. Wie oft wird Kunstrasen gedüngt?
Aspekte der Männlichkeit
Wie oft wird Kunstrasen gedüngt?
Händchen halten
Wie oft wird Kunstrasen gedüngt? Weiß das jemand aus dem Publikum? Quelqu’un sait combien, éh? C’est un rituel ça, on le fait pour faire peur a l’ennemi. L’ennemi c’est l’escargot ou la politique ou l’anti-politique, n’importe quoi. Alors
Ein Mann putzt sich die Brille
n’importe quoi.
Dann kratzt er sich am Bart
Alors.
N'importe quoi
Alors le Rohr, qui parle, spricht nicht wirklich, etwas mühselig schleppend über Basel, ein ortsbezogenes Rohr also. Aber es müht sich ab mit dem Thema, der Sprache und kriecht über die Satzzeichen hinweg,
Das Ringen um die kollektive Stille beginnt
kriecht über die Satzzeichen hinweg, schlimmer als Beckett Schneck, der auch vor
Leute die über die Kieselsteine laufen werden verflucht
schlimmer als Beckett Schneck, der auch vor Konversation nicht zurückschreckt. In Peter und der Wolf ist die Klarinette ein Tier,
Die lächelnden Leute schauen sich wissend an – eine Choreografie um das Rohr herum
ist die Klarinette ein Tier, welches weiß ich nicht mehr und Meer und Schiff
Die Klarinette hat zu kurze Arme um die Leute in die Werkstatt zu bringen
und Meer und Schiff auf dem Meer sind kaum zu unterscheiden
Die Hälfte der Leute ist abtrünnig geworden und beim Bier geblieben
sind kaum zu unterscheiden im bescheidenen Gedicht. Das nicht. Aber Luft und Luftballon doch sehr, denn nicht beides ist etwas. Die Luft an den Himmel und den Kautschuk ans Gewissen verlieren schmerzt hier niemanden, der Verlust ohne Lust – ein trauriges Unterfangen.
Die Blicke folgen der Stimme im Raum
ein trauriges Unterfangen.
Unendlich resigniert spricht der Mann unter der Frau hervor,
Die Stimme wird unterlegt von rhythmischen Türklappern
Spricht der Mann unter der Frau hervor, dass sie ihn vollends bedeckt, vermag ihn nicht aufzumuntern.
Das Türklappern stammt von den Leuten die doch wieder zurück zur Performance wollen
Vermag ihn nicht aufzumuntern. Sein Bewusstsein ist erfüllt mit Suppe. Suppentradition. Suppenversumpfung und Suppengrab. Sterben auf Berndeutsch – eine langfädige Angelegenheit. Das flimmernde Leben voller Brüste und Musik findet anderswo statt.
Die Körper erzittern unter den Bässen
findet anderswo statt. Anderswo ist es eben meist lustiger als dort,
Flimmern auf den Gesichtern, weiterhin
lustiger als dort, wo man gerade ist. Visuelle Information – dick aufgetragen. Reichhaltige Reisen, angemessen dokumentiert.
Lautes Atmen von Ballonen im Hintergrund
angemessen dokumentiert.
(Geräuschvolles Einatmen)
So kommt das Erlebnis des Einzelnen uns allen zu Gute und rennt mir Aug und Ohren ein.
Das Publikum ist wieder beisammen
und rennt mir Aug und Ohren ein. Kopf und Hals wollen die veganen Fastfoodjunkies retten
(Geräuschvolles Einatmen)
die veganen Fastfoodjunkies retten. Fastfeedbacken muss ich, nicht vegane Küchlein backen, keine Zeit, kein Getränk, bloß Sonnenstich und Rückkoppelungszirkus.
Leise Lächeln durch die Nase
...
(Geräuschvolles Einatmen)
bloß Sonnenstich und Rückkoppelungszirkus. Ikone sein ist fein, doch ohne Fleiß kein Preis und ohne Kraft kein Hüpfyoga oder Lachpilates.
(Geräuschvolles Einatmen)
kein Hüpfyoga oder Lachpilates. Selbstausgelöste Fremdprojektion, du bist wer du bist
Erleichterung beim Publikum wenn Sprung und Bild identisch
du bist wer du bist. Du bist wer du bist und nichts ist dir heilig, nicht einmal die Identität.
Die Lider des Publikums – Langsam schwer vom Bier
nicht einmal die Identität. Da kannst du froh sein, wenn das Bein da ist, wo das Bein hingehört, wenn es nicht mal dir gehört.
Jemand denkt: Ich sollte mir auch wieder mal die Zehennägel schneiden
wenn es nicht mal dir gehört.
Wieso geht die meditative Geräuschkulisse nicht weiter
wo das Bein hingehört, wenn es nicht mal dir gehört. Du willst dich selbst durch Marina Abramovic’s Augen ansehen und obendrein noch ein Foto davon
Jetzt noch zwei Zehennägel
und obendrein noch ein Foto davon – das nennt man Ambitionen. Ambitioniert gegen den Tod anspringen, oder den Tod
(Lautes Einatmen)
oder den Tod dem Tod vorwegnehmen. Dazu nackt ausziehen, sich erinnern, bedauerlich schauen, schauerlich bedauern, nachdenken und die Fingernägel
Es wird kalt auf dem Boden
und die Fingernägel fein säuberlich… Aber der Körper ist nicht tot, solange das Badewasser noch zu heiß ist, solange sich die Vögel noch repetieren, diese Tiere diese, sie sind der Beweis des eigenen Lebens, das sonst in peinlicher Stille weitergehen müsste. Der Tod ist technisch eingetreten
Noch einmal eine Choreografie
Der Tod ist technisch eingetreten, der noch unbeerdigte Mann ist noch nicht mit sich fertig.
(Lautes Einatmen)
ist noch nicht mit sich fertig. Zehn Finger- und Fußnägel verlangt er sich ab - strapaziert damit die Geduld der Lebenden. Vor meinem inneren Auge webt das Leben Fäden. Die Zeit klebt an meinem Hinterkopf. Sogar das Rohr ist verstummt. Und in stummer Verzweiflung hält sich eine Nackte ihr Kleid vor, ein schmerzhaftes anschauen und balancieren, ich denke immerzu: Jesus, Jesus, Jesus.
Die Leute hören zu
Jesus, Jesus, Jesus. Die Gravitation ist es letzten Endes, die uns alle bändigt. Auch den, der die Säule umgarnt, ce qui danse avec le mur, la mur? La palisade?
La mort
La palisade? Je ne pense pas en français. Ich kenne das Wort nicht dafür. Dafür gibt es kein Wort. Er will es sehr, er will diese Säule beeindrucken, diese Säule muss sehr glücklich sein. Lots Weib kann davon nur träumen. Ich überlege mir, ob ich das „R“ rollen soll oder nicht.
Was danach kommt, kommt danach